Motorradtour durch Schottland

Mittwochmorgen 8°C und Nieselregen!
Nissy ist, wie verabredet, pünktlich um 06:30 Uhr bei mir. Noch kurz eine Zigarette rauchen und dann soll es losgehen. Um 07:00 Uhr ist mit den anderen Tourteilnehmern Treffen am Autohof Bünde. Die Koffer und der Tankrucksack wurden in den Tagen zuvor immer wieder ein- und ausgepackt. Habe ich auch nichts vergessen? Genug Wechselsachen dabei? Beim Blick zum Himmel komme ich immer wieder ins Grübeln. Noch einen letzten Blick auf die Checkliste, alles dabei!
Auf geht´s, noch einmal Nicole und den Kindern zuwinken und wir fahren los zum 6 Km entfernten Autohof. Als wir zwei dort eintreffen sind die ersten schon dort und am Frühstücken. Wir setzen uns gemeinsam in eine Ecke des Autohofes, wo alle 23 Teilnehmer Platz haben. Im Laufe der Zeit kommen immer mehr Motorräder auf den Autohof gefahren. Die Begrüßung ist jeweils herzlich. Einige der Teilnehmer lernen wir erst heute kennen. Organisiert wurde die Tour von den Reservistenkameraden Bünde.
Nissy und ich sind über Klaus mit in diese Gruppe gerutscht. Es werden die letzten Zettel für die Roadmappe verteilt, noch einmal die Fahrgruppen durchgesprochen. Nissy und ich fahren in einer Gruppe, Klaus ist einer anderen Gruppe zugeteilt. Die Gruppen wurden so eingeteilt, dass in jeder Gruppe ein Fahrer mit Navi und Funk oder Freisprecheinrichtung ist. Gegen 07:15 wird durchgezählt, einer fehlt noch. Um 07:30 Uhr sind dann aber alle da, einige tanken noch einmal voll und um 07:40 starten die ersten Gruppen Richtung Niederlande.
Es geht direkt auf die BAB 30 Fahrtrichtung Amsterdam. Unser „Gruppenführer“ hat sich abgesetzt, also haben Nissy und ich uns der Gruppe von Klaus und Eckard angeschlossen. Es regnet mittlerweile etwas stärker und die Gischt der PKWs und LKWs tragen zur weiteren Sichteinschränkung bei. Unterwegs wird es merklich kühler, gefühlte 0 °C! Mir schießen die Gedanken durch den Kopf. „Hättest Du doch die Funktionsunterwäsche angezogen“, „Hoffentlich hält die Kombi
das, was sie verspricht und ist dicht“, „In Schottland ist das Wetter bestimmt nicht besser, eher das Gegenteil“ oder „Was tust Du Dir da nur an?“! Immer wieder durchfahren mich kalte Schauer und ich zittere, und das obwohl ich unter die Kombi noch ´ne Jeans und Sweatshirt anhabe. Jetzt ´nen heißen Kaffee, denke ich mir. Wir überqueren die Deutsch-Holländische Grenze. Auf dem Rastplatz „Vundelaar“ ist Treffen aller Gruppen angesagt. Meine Tankuhr zeigt Reserve an, ich habe aber noch nie ausprobiert wie lange ich dann noch fahren kann bis ich auf Reserve umschalten muss. Wer weiß ob es heute passiert! „Hätte ich doch noch in Bünde vollgetankt!" schießt es mir durch den Kopf. Ich folge den vor mir fahrenden Motorrädern. Die Tankuhr hat mittlerweile den Reservebereich unterschritten, eigentlich müsste der Motor langsam anfangen zu stottern, tut er aber nicht! Ich sehe ein Hinweisschild für einen Rastplatz mit Tanke. Ich fahre vor und signalisiere Eckard „rausfahren, tanken". Bei der Anfahrt zum Rastplatz sehe ich, dass es der erste Treffpunkt der Gruppen ist und
einige schon am Tanken sind. Also ran an die Zapfsäule und den Tank volljauchen. Hm, ich bekomme nur 13 Liter rein! Ja sach ma, spinnt den die Tankuhr? Ich habe einen 21 Liter Tank inkl. Reserve! Rein in die Tanke, bezahlen und ab an den Kaffeeautomaten. In den Gesprächen mit den anderen höre ich, dass sie ähnliche Gedanken hatten wie ich. Edgar erzählt mir, dass sein Thermometer 5°C anzeigt, ich sach doch, „gefühlte 0°C“! Nach ca. 30 Minuten und zwei heißen Kaffee geht es gemeinsam weiter Richtung Arnheim. Unser erstes richtiges Ziel auf dieser Tour ist das dortige Airborne Museum. Gegen 11:30 kommen wir nach gefahrenen 245 Km am Museum an, es ist mittlerweile trocken aber immer noch kalt! Wir besichtigen das Museum und bekommen je Person einen Euro Gruppenrabatt. Also 7 Euro auf den Tisch gelegt und mal schauen was uns erwartet. Im Museum gibt es auch einen Kaffeeautomaten, der erst einmal belagert wird. Mit dem Kaffeebecher in der Hand geht es durch die einzelnen Räume. Hier werden Orden, Waffen, Dienstabzeichen und weiteres ausgestellt, was bei der Schlacht um die Brücke von Arnheim gefunden wurde. Bei einem Rundgang durch den Keller werden die Sinnesorgane Augen und Ohren gleichzeitig angesprochen, in dem Videos an die Wände projektiert und Panzerkettenrasseln, Granateinschläge, Fliegeralarm, Schüsse, etc. per Audio abgespielt werden. Auf der einen Seite beeindruckend, auf der anderen Seite denke ich mir, „Hoffentlich kommen solche Zeiten nie wieder“!
Gegen 12:30 starten wir zum Fährhafen „Ijmuiden“ bei Amsterdam. Zu diesem Zeitpunkt war der Himmel zwar noch bedeckt aber trocken. Auf dem im Vorfeld zum Tankstopp ausgesuchten Rastplatz „Amstelveen“ sind alle Tanksäulen „Außer Betrieb“, so dass ein Nachtanken nicht möglich war! Nun hieß es „Wir fahren in den eingeteilten Gruppen weiter und treffen uns an der Fähre". Ich frage wo den Gerd, unser Gruppenführer sei und bekomme als Antwort, „Gerd ist schon losgefahren!“. Na Klasse, wieder also fahren Nissy und ich weiter bei Eckard in der Gruppe. Obwohl, die Gruppen sind so dicht aufeinander losgefahren, das man eigentlich sagen kann, das wir gemeinsam weiter gefahren und auch gemeinsam nach 370 Km im Fährhafen angekommen sind. Eigentlich wollten wir vor dem Einchecken noch etwas essen, aber irgendwie kamen wir nicht mehr vom Fährgelände herunter nachdem wir die Motorräder abgestellt hatten. Also ging es erst einmal rein ins Fährgebäude, wo es eine Art Cafeteria gab. Dort habe ich mir ein Bier gegönnt! Das haben wir uns aber auch verdient!
Mit einem Mal ging die Runde, das in Edinburgh für die nächsten Tage 22°C angekündigt seihen. Jemand mit ´nem I-Phone hat dies per Wetterbericht in Farbe angezeigt. Nach einigen Irritationen wurden wir aber wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. 8°C / leichter Regen waren die richtigen Voraussagen. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnten wir dann die Motorräder verladen. Immer in viererblöcken verschwanden die Motorräder samt Fahrer im Bauch der „Princess of Norway“, so heißt die Fähre. Am endgültigen Stellplatz hieß es dann, selbstständig die Motorräder verzurren. Da dies von dem einen oder anderen noch nie gemacht wurde, war es selbstverständlich dass untereinander geholfen wurde. Es waren sehr viele Motorräder mit Ihren Fahrern, aus verschiedensten Nationen, die rüber auf die Insel wollten. Nachdem alle Motorräder verzurrt waren, konnten wir dann unsere Kajüten aufsuchen. Ich teilte mir eine 2-Bett Innenkabine mit Eckard auf Deck sieben, ziemlich mittig des Schiffes. Nachdem wir uns einigermaßen frisch gemacht haben sind wir auf Deck Acht in die Bar.
Dort gab es „New Castle Brown Ale“, ein sehr leckeres Bier in der Dose für 3,80 Euro. Egal, der erste Schluck brachte die Kehle zum zischen! Um 18:30 etwa ist die Fähre dann ausgelaufen. Schnell noch zu Hause anrufen und den Kindern „gute Nacht“ sagen. Wer weiß, ob wir auf See noch Empfang haben. Als sich die ersten zum Abendessen verabschiedet haben, kam bei uns auch die Frage auf, „was essen wir?“ Nach einigem studieren was für Restaurants es auf dem Schiff gibt, haben wir uns für das „All you can eat“ für 31,- Euro/Pers. im „7Seas“ entschieden. Kurz gesagt, das Essen war in Ordnung. Heiß, reichhaltig, große Auswahl, Abwechslungsreich und es hat, trotz des Preises, geschmeckt. Dazu noch je ein Bier bzw. ´ne Cola und schwuppdiwupp, haben 136,- Euro den Besitzer gewechselt! Nachdem die Bäuche gefüllt waren sind wir an Deck gegangen um ein wenig frische Luft zu tanken.
Dort haben wir den Kollegen mit dem I-Phone wieder getroffen. Darauf angesprochen, was er denn für Wettervorhersagen verbreitet, meinte er kleinlaut, „Ich habe ein falsches Edinburgh ausgewählt, nämlich das in Indien. Dies hat die gleiche Schreibweise und stammt wohl noch aus alter Koloniezeit! Die richtige Voraussage ist 8 Grad und Regen“. „Das wissen wir mittlerweile auch." antworteten wir und lachten. Nach einer frischen Brise Seeluft sind wir zurück in die Bar auf Deck 8. Leider war an dem Tisch der anderen kein Platz mehr, so dass Klaus, Nissy und ich uns an einen kleinen Tisch in der Nähe der Bühne niedergelassen haben. Eckhard war kaputt und wollte schon in die Koje. Wir haben uns jeder noch ein Bier bestellt und folgten dem Auftritt der Cabaret-Gruppe. Aber alt sollten wir heute auch nicht mehr werden. So gegen 22:15 habe ich mich dann auch in die Koje verabschiedet. Der Tag hat doch reichlich geschlaucht.